Juristische Organisationen verurteilen rechtsextremistischen „Masterplan“ aufs Schärfste

Die massenhafte Deportation von Menschen aus Deutschland darf nie wieder Realität werden

Was im November im kleinen Kreis nahe Potsdam entworfen wurde, ist mehr als nur eine schauerliche

Vision. Es ist ein Angriff auf die Verfassung und den liberalen Rechtsstaat. Die massenhafte Deportation von Menschen aus Deutschland darf nie wieder Realität werden. Die gesetzliche Legitimation solcher Phantasien muss mit allen juristischen und politischen Mitteln verhindert werden. Dieses Treffen darf sich in der Rückschau nicht als „zweite Wannseekonferenz“ entpuppen. Die unterzeichnenden juristischen Organisationen stellen sich entschlossen gegen das skizzierte Konzept und das dahinterstehende Menschen- und Weltbild, das nicht nur unzähligen in Deutschland tätigen Juristinnen und Juristen, sondern uns allen nicht wieder gutzumachenden und dauerhaften Schaden zufügen würde.

Bundesrechtsanwaltskammer

BVerfG, 2BvB 1/19

Die rechts­ex­tre­me Par­tei Die Hei­mat, die bis vor ein paar Jah­ren NPD hieß, wird für sechs Jahre von der staat­li­chen Par­tei­en­fi­nan­zie­rung aus­ge­schlos­sen. Das sei ver­fas­sungs­recht­lich le­gi­tim, be­fand das BVerfG, die Par­tei be­kämp­fe die frei­heit­li­che de­mo­kra­ti­sche Grund­ord­nung. Die Verfassungsrichter und -richterinnen bescheinigen dem Gesetzgeber zu recht, dass das Einfügen des Finanzierungsausschlusses in Art. 21 Abs. 3 S. 1 GG nicht der Ewigkeitsgarantie des Art. 79 Abs. 3 GG widerspreche, sondern dem grundgesetzlichen Konzept der "wehrhaften Demokratie" entspreche.

 

MoPeG

Mit dem Gesetz wird zum 01.01.2024 für die GbR ein eigenes Register geschaffen, das Gesellschaftsregister. Dieses soll Gesellschaften bürgerlichen Rechts und ihre Gesellschafter erfassen. Dort werden Name, Sitz und Geschäftsanschrift der Gesellschaft sowie Name, Wohnort oder Sitz jedes Gesellschafters sowie deren Vertretungsbefugnis eingetragen. Mit Eintragung im Gesellschaftsregister sind die Gesellschaften verpflichtet, den Namenszusatz „eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ bzw. „eGbR“ zu führen.

Das Gesetz wirkt sich weiterhin auf Regelungen zur Vertretung, Gewinnverteilung und zur Kündigung auch evtl. im Hinblick auf bestehende Verträge aus. Diese sind insoweit zu prüfen. 

 

Gesetz zur Triage

Der Bundestag hat am 10.11.2022 ein Verfahren bei aufgrund einer übertragbaren Krankheit nicht ausreichend vorhandenen überlebenswichtigen intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten (Triage) beschlossen.

Damit ist zukünftig die sogenannte Ex-Post Triage ausgeschlossen, d.h. der Abbruch einer intensivmedizinischen Behandlung zu Gunsten eines anderen Patienten mit einer höheren Überlebenswahrscheinlichkeit (zur Kritik deshalb www.bundesaerztekammer.de/presse/aktuelles/detail/kritik-an-verbot-der-ex-post-triage-1).

 

 Paukenschlag für MVZ Gründungen, neue Hürden geschaffen

BSG, Urteil vom 26.01.2022 (Az.: B 6 KA 2/21 R)

Eine Anstellungsgenehmigung kann auch dann, wenn ein Vertragsarzt in einem gesperrten Planungsbereich auf seine Zulassung verzichtet, um in einem MVZ tätig zu werden, nur erteilt werden, wenn der betreffende Arzt ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis in dem MVZ anstrebt. Die Einordnung als angestellter Arzt schließt die Zulassung als Vertragsarzt aus und umgekehrt kann einem zugelassenen Vertragsarzt für dieselbe Tätigkeit nicht gleichzeitig eine Anstellungsgenehmigung erteilt werden, urteilte das Bundessozialgericht (BSG). 

Berufshaftpflichtversicherung (§ 95e SGB V)

Die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer sind verpflichtet sich ausreichend gegen die sich aus der Berufsausübung ergebenden Haftpflichtgefahren zu versichern.

Vertragsärztliche Pflicht für alle Leistungserb1inger nach § 95 Abs. 1 SGB V, also auch für Zahnärzte und Psychotherapeuten (§ 72 Abs. 1 Satz 2 SGB V)

Mindestversicherungssumme:

Für Vertragsärzte und ermächtigte Ärzte: drei Millionen Euro pro Fall, sechs Millionen Euro pro Jahr

Für BAG und MVZ bei Anstellung von Ärzten: fünf Millionen Euro pro Fall, fünfzehn Millionen Euro pro Jahr

Generelle Überprüfung aller Leistungserb1inger innerhalb von zwei Jahren, also bis 20. Juli 2023

Sanktion bei fehlender Versicherung:

für (zugelassene) Vertragsärzte: Anordnung des Ruhens der Zulassung, nach zwei Jahren Zulassungsentziehung, Meldepflicht an Berufskammern bzw. Approbationsbehörde; für ermächtigte Ärzte: Widerruf der Ermächtigung

Rücknahme Ausschreibungsantrag bei drohender Sitzeinziehung, BSG Urteil vom 12.02.2020

 Im Dreiecksverhältnis zwischen einem Sitz abgebenden Arzt und Zulassungsgremien hat das Bundessozialgericht die Belange der Abgeber gestärkt. Sie können ihren Antrag auf ein Nachbesetzungsverfahren solange noch zurücknehmen, bis über die Nachbesetzung selbst entschieden ist. BSG  B 6 KA 19/18

Das 2015 eingeführte Verbot der geschäftsmäßigen Beihilfe zum Suizid verstößt gegen das Grundgesetz. Es gibt ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben. Das schließt die Freiheit ein, sich das Leben zu nehmen und dabei Angebote von Dritten in Anspruch zu nehmen. Ärzte, die Hilfe zum Freitod als Teil ihrer ärztlichen Tätigkeit begreifen, müssen nicht mehr fürchten, sich nach § 217 StGB strafbar zu machen, wenn sie einem Patienten Sterbehilfe leisten. BVerfG, Urteil vom 26.02.2020

 

Honorarärzte im Krankenhaus sind regelmäßig sozialversicherungspflichtig

Ärzte, die als Honorarärzte in einem Krankenhaus tätig sind, sind in dieser Tätigkeit regelmäßig nicht als Selbstständige anzusehen, sondern unterliegen als Beschäftigte des Krankenhauses der Sozialversicherungspflicht. Dies hat der 12. Senat des Bundessozialgerichts am 04.06.2019 entschieden (Az.: B 12 R 11/18 R als Leitfall).

 

 BGH zur Haftung wegen Lebenserhaltung, BGH Urteil vom 02.09.19

Das menschliche Leben ist ein höchstrangiges Rechtsgut und absolut erhaltungswürdig. Das Urteil über seinen Wert steht keinem Dritten zu. Deshalb verbietet es sich, das Leben – auch ein leidensbehaftetes Weiterleben – als Schaden anzusehen (Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). Auch wenn ein Patient selbst sein Leben als lebensunwert erachten mag mit der Folge, dass eine lebenserhaltende Maßnahme gegen seinen Willen zu unterbleiben hat, verbietet die Verfassungsordnung aller staatlichen Gewalt einschließlich der Rechtsprechung ein solches Urteil über das Leben des betroffenen Patienten mit der Schlussfolgerung, dieses Leben sei ein Schaden.

Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Ersatz der durch das Weiterleben des Patienten bedingten Behandlungs- und Pflegeaufwendungen zu. Schutzzweck etwaiger Aufklärungs- und Behandlungspflichten im Zusammenhang mit lebenserhaltenden Maßnahmen ist es nicht, wirtschaftliche Belastungen, die mit dem Weiterleben und den dem Leben anhaftenden krankheitsbedingten Leiden verbunden sind, zu verhindern. Insbesondere dienen diese Pflichten nicht dazu, den Erben das Vermögen des Patienten möglichst ungeschmälert zu erhalten.

(Pressemitteilung des Gerichts 40/2019)

 

Patientenverfügung, BGH Urteil vom 13.12.2018

 

Nach der Rechtsprechung des BGH entfaltet eine Patientenverfügung nur dann unmittelbare Bindungswirkung, wenn sich feststellen lässt, in welcher Behandlungssituation welche ärztlichen Maßnahmen durchgeführt werden bzw. unterbleiben sollen. Die Anforderungen an die Bestimmtheit einer Patientenverfügung dürfen dabei jedoch nach Ansicht der Gerichts nicht überspannt werden. Vorausgesetzt werden kann nur, dass der Betroffene umschreibend festlegt, was er in einer bestimmten Lebens- und Behandlungssituation will und was nicht. Maßgeblich ist mir swm Gericht nicht, dass der Betroffene seine eigene Biografie als Patient vorausahnt und die zukünftigen Fortschritte in der Medizin vorwegnehmend berücksichtigt. Nicht ausreichend sind jedoch allgemeine Anweisungen, wie die Aufforderung, ein würdevolles Sterben zu ermöglichen oder zuzulassen, wenn ein Therapieerfolg nicht mehr zu erwarten ist. Auch die Äußerung, "keine lebenserhaltenden Maßnahmen" zu wünschen, enthält jedenfalls für sich genommen keine hinreichend konkrete Behandlungsentscheidung.

 

Bewertungsportale, Urteil des BGH

 

Der BGH hat erneut über die Datenspeicherung zur Vorhaltung einer Internet-Profilseite für das Arztsuch- und -bewertungsportal jameda.de entschieden. Dabei verpflichtete es die Portalbetreiberin, die Profilseite einer Ärztin vollständig zu löschen. Das Gericht erklärte die angegriffene Datenspeicherung im konkreten Fall für unzulässig. Grundsätzlich verwies es allerdings auf seine bisherige Rechtsprechung (Urteil vom23.9.2014, Az. VI ZR 358/13), wonach die Aufnahme ärztlicher Daten in  Internet-Bewertungsprofile auch gegen den Willen Betroffener zulässig ist. Die Jameda GmbH hat nach eigenen Angaben die beanstandete Werbung auf Nichtzahler-Profilen im Anschluss an die Urteilsverkündung eingestellt.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.02.2018 – VI ZR 30/17